Wir gingen tiefer und tiefer, 378 Schritte hinunter auf einer Wendeltreppe. Dabei fragten wir uns, was wir wohl finden würden. Mit den Gedanken daran, wie leicht wir uns in dem uns umgebenden unterirdischen Labyrinth verirren könnten, bewunderte ich, wie Menschen so viel Zeit ihres Lebens unterirdisch verbringen können und dabei nicht ihren Verstand verlieren.

Beim Gang durch die verschiedenen Räume zeigte man uns Skulpturen aus Salz. Vor hunderten von Jahren sah ein unbekannter Bergarbeiter, wie sich das Kerzenlicht im Salz spiegelte, und er meinte, es könnte als wunderschönes Material zum Schnitzen dienen. Vielleicht träumte er davon, ein Künstler wie Leonardo da Vinci zu sein: Vielleicht verbrachte er seine Mittagspause oder seine Feierabende damit, sein eigenes Meisterwerk zu schaffen, eines, das niemals als Ausstellungsstück in einem prächtigen Museum gezeigt oder in einer sonnendurchfluteten Kathedrale zu sehen sein würde. Es würde lediglich zur Inspiration anderer Bergleute dienen, so wie er selbst einer war. Vielleicht hoffte er, in der Tiefe könne er ihnen den Weg zu Gott weisen. Letzten Endes begannen auch andere Bergarbeiter mit dem Schnitzen.

Ca. 135 m unter der Erdoberfläche kreierten die Minenarbeiter eine Kapelle. An den Wänden bildeten sie das Leben Jesu nach, von der Geburt bis zur Auferstehung. Vielleicht war ihnen bewusst, wie dringend sie von Gottes Schutz und Fürsorge abhingen, wenn sie in die unfreundliche Dunkelheit einstiegen.

Wer hätte gedacht, dass, wenn Licht auf Salz scheint, es dieses wie Marmor erleuchten lässt? Wer hätte gedacht, dass Männer, die einer solch harten Arbeit nachgingen, Zeit und Fantasie hätten, um solche Meisterwerke zu erschaffen? Unser Höhlenführer lud uns ein, die Akustik zu testen, angeblich eine der besten in der Welt. Er erzählte uns auch, die Leute würden bis heute ihre Kinder in die Salzminen bringen, wenn diese an Asthma oder Allergien leiden, damit sie von der Heilkraft der salzigen Luft profitieren.

Nachdem uns ein Aufzug wieder zur Oberfläche zurückgebracht hatte, beschäftigten sich meine Gedanken noch weiter mit dem Salzbergwerk. Zwar selbst kein Bildhauer, Künstler oder Komponist, bedeutet es mir viel, anhand meines Schreibens schöpferisch zu wirken. Was immer du tust, es kann zu etwas werden, das andere inspiriert.

Das Leben besteht nicht nur aus Sonnenlicht und blauem Himmel. Sogar an dunklen Orten kann uns ein kleines Kerzenlicht den Weg zu unserer Bestimmung weisen. Schweiß und Tränen werden nicht bleiben, aber die Schönheit, die wir innerhalb unseres Lebens schufen, kann fortleben und die Dunkelheit eines anderen erleuchten.