Die vielen Geschichten, die Victor Hugo in Les Misérables verwebt, sind stark und einprägsam. Meine Lieblingsgeschichte ist die des ehemaligen Sträfling Jean Valjeans und des Bischofs einer Kleinstadt.

Nachdem Jean von so ziemlich jedem in der Gegend abgewiesen wurde, als er nach einer Bleibe fragte, taucht er vor dem Haus des Bischofs auf. Er erzählt dem Bischof von all seinen Fehlern und Verbrechen, die er begangen hat, und sagt: „Ich wollte in einem Hauseingang schlafen, aber jemand hat mir gesagt, ich solle zu euch kommen. Werdet ihr mich hereinlassen?”

Der Bischof hat Mitleid mit ihm und lädt ihn zum Abendessen ein. Er spricht Jean mit „Sir” an und bittet seine Haushälterin, ihm ein Bett zu richten. Jean kann kaum glauben, was der Bischof tat. Als er ihn nach dem Grund fragt, antwortete der: „Ich bin ein Mann Gottes.” Dann erklärt er, dass dies nicht sein Haus sei, sondern das von Christus.

Während sie essen, fallen Jean auf die silbernen Gabeln, Löffel und Kellen auf. Diese und die beiden verzierten Kerzenständer sind die einzigen Dinge von Wert im Haus.

Der Bischof begleitet Jean in sein Zimmer und wünscht ihm eine gute Nacht. Am frühen Morgen wacht Jean auf und beginnt, das Haus zu durchsuchen. Er schleicht am Zimmer des Bischofs vorbei und sieht ihn friedlich schlafen.

Er will das Schloss des Schranks, in dem sich das Silber befindet, gewaltsam öffnen, muss aber feststellen, dass es nicht verschlossen ist. Er stopft das ganze Silber in seine Taschen, rennt durch den Garten und hinaus in die Dämmerung.

Der Morgen bringt Verzweiflung für die Haushälterin. Sie eilt zum Bischof und erzählt ihm, dass das ganze Silber weg ist! Da klopft es an der Tür und einige Polizisten kommen herein, begleitet von Jean Valjean. Die Polizisten erklären, wie sie Jean mit den Taschen voller Silber gefunden haben, aber der Bischof unterbricht sie. Er lächelt und sagt: „Ah, Jean, ich bin froh, dich zu sehen! Ich habe dir doch auch die Kerzenständer gegeben. Warum hast du die nicht auch mitgenommen?” Den Polizisten bleibt nichts anderes übrig, als wieder zu gehen.

Der Bischof gibt Jean die Kerzenständer und sagt ihm, er solle in Frieden gehen. Aber zuerst fordert er Jean auf, ein ehrlicher Mann zu werden.

Jean Valjean wurde für seine Freundlichkeit, und Großzügigkeit bekannt und rettete durch seine Tapfer- und Ehrlichkeit viele Leben. Das Mitgefühl des Bischofs war der Wendepunkt für Jean; es gab ihm Hoffnung und das Gefühl, etwas wert zu sein.

Der beeindruckendste Teil der Geschichte ist die Einfachheit, mit der der Bischof die Liebe Gottes zeigt. Er tut dies ohne zu zögern und ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Das ist eine schöne Darstellung von 1.Petrus 4,8: „Das Wichtigste aber ist, dass ihr einander beständig liebt, denn die Liebe deckt viele Sünden zu!”