Ich erinnere mich, etwas über das Wort „Mikrokosmos“ im fünften Schuljahr gelernt zu haben. Als Hausaufgabe überreichte unser Lehrer jedem von uns eine Schnur von etwa einem Meter Länge. Er sagte uns, wir sollten die Schnur kreisförmig auf den Boden legen. Dann sollten wir schauen, was sich alles innerhalb des Kreises befindet, es genau beobachten und lernen, was alles in unserer kleinen Welt lebte.
Von da an war ich fasziniert von den kleinen Welten. Ich setzte mich ins Gras und verbrachte Stunden damit, Umgebungen für Ameisen und kleine Käfer zu schaffen, bastelte Stühle aus Laub und Kleider aus Blütenblättern und baute kleine Straßen und Häuser aus Zweigen. Die meiste Zeit jedoch beobachtete ich einfach nur.
Ich nahm meine Schnur überall mit hin, und plötzlich sah ich die Welt mit neuen Augen. Rasenflächen, Fußwege aus Kies, von Moosteppichen überzogene Felsvorsprünge – alles was ich tun brauchte, war, einen Kreis zu ziehen, und schon konnte ich eine neue Welt erschaffen. Nein, nicht wirklich „erschaffen“, aber ich konnte bestehende Welten ändern und versuchen, sie zu verbessern.
Heutzutage höre ich von Tragödien in den Nachrichten, und die Schlagzeilen brechen mir das Herz. Wenn ich mir politische Debatten anhöre, frage ich mich, ob die Menschen jemals übereinstimmen werden, oder ob sie, von ihren Argumenten so vereinnahmt, nicht mehr die gemeinsamen Standpunkte erkennen können, die sie mit ihren Opponenten teilen.
Mein Wunsch wäre, die Welt verändern zu können, sie sauberer zu machen und in einen schöneren Ort zu verwandeln. Ich wünschte mir, Krieg und Gewalt beenden zu können, sodass guter Wille tatsächlich die Erde erfüllen würde. Darüber dachte ich auf meinem Morgenspaziergang nach, und ich erinnerte mich an meine Zeit in der fünften Klasse und begriff: Auch wenn ich nicht die ganze Welt verändern kann, so kann ich doch meine kleine Welt zu einem besseren Ort machen. Zwar kann ich nicht jedermanns Herz ändern, aber ich kann die Mitmenschen, denen ich begegne, positiv beeinflussen.
Inmitten einer sturmgepeitschten Welt kann ich einen friedlichen Mikrokosmos erschaffen. Ich kann mein Heim in einen Hafen der Ruhe inmitten von ringsherum herrschenden Stürmen verwandeln. Um meine Umgebung schöner zu gestalten, kann ich etwas unternehmen. Gott mag mir keine riesige Welt gegeben haben, die ich ändern muss, aber ich kann meine winzige Welt verändern, indem ich Wege finde, sie jeden Tag mit Gottes Liebe zu erfüllen.