Andja wurde im Jahr 1962 in der früheren jugoslawischen Republik von Bosnien-Herzegowina geboren. Als der Krieg in den 1990er Jahren ausbrach, floh Andjas Familie nach Vojnic, einer kleinen Stadt in Kroatien. Ihr Ehemann, von den Gräueltaten der ethnischen Säuberung geistig schwer gezeichnete, musste dauerhaft in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Sie selbst stand plötzlich vor der Herausforderung, ihre drei Söhne allein großziehen zu müssen, während sie selbst an Diabetes und Schuppenflechte litt. Sie überlebte, indem sie das Land rund um ihre Hütte bewirtschaftete und Unterstützung von humanitären Hilfsorganisationen erhielt. Genau in jener Zeit lernten wir sie im Mai 2000 kennen.
Wir wurden Freunde und besuchten sie jahrelang. Trotz all ihrer Schwierigkeiten empfing uns Andja immer mit einem Lächeln. Ihr Lebensenthusiasmus war total ansteckend. Deshalb begannen wir, andere an Depressionen leidende Menschen quasi als Therapie zu ihr nach Hause zu bringen. Sobald sie ihr begegnet waren, fühlten sie sich viel besser!
Nach einiger Zeit beschloss Andja, es müsse einen Weg geben, auf dem sie ihrerseits ihre Hilfe anbieten könnte. Obwohl wir ihr Hilfsgüter brachten, packte sie uns immer eine Tüte voll mit Zucchini, Kartoffeln und anderen Gemüsesorten aus ihrem Garten ein, um es dankend an die Gemeinschaft zurückzugeben.
Im Jahr 2005 erhielt ihre Familie von der kroatischen Regierung ein Haus und ein neues Stück Land. Obwohl alles noch nicht fertig war, war es ein großer Schritt nach vorn gegenüber der Hütte, in der sie jahrelang gelebt hatten. Sie war ganz begeistert von dem, was wie der Beginn eines besseren Lebens aussah. Durch ihre Krankheit verschlimmerte sich jedoch ihr Zustand so stark, bis sie auf einem Auge erblindete. Im Jahr darauf verlor sie auch ihr Augenlicht auf dem anderen.
Andja wurde in den Jahren 2005 bis 2012 verschiedene Male zur Behandlung ins Krankenhaus eingeliefert. Ihre Überlebensaussichten standen schlecht, dennoch gewannen Begeisterung und Lebensfreude den Kampf. Obwohl sie schließlich beide Beine verlor, stimmte sie immer eifrig mit ein, wenn wir Lieder sangen und diskutierten. Wie es ein 17 jähriger junger Mann ausdrückte: „Sie hatte die Fähigkeit, das Glas als halb-voll zu betrachten, selbst wenn es praktisch leer war!“
Vor wenigen Monaten ging Andja still von uns während sie schlief, „wie ein Schmetterling“, wurde uns erzählt. Es war beeindruckend, die vielen Leute zu sehen, die sich bei ihrem Begräbnis versammelt hatten. Alles in allem war sie „nur“ eine einfache Flüchtlingsfrau, die ein paar Jahre in dieser Stadt lebte. Aber offensichtlich berührte sie das Leben vieler Leute.
Jeder, der den Vorzug hatte, Andja persönlich kennengelernt zu haben, weint, wenn er an sie denkt, aber gleichzeitig lächelt er, weil Andja nun eine Legende geworden ist.