Mit dem katastrophalen Erdbeben der Stärke 8,8 und dem anschließenden Tsunami, die 2010 den Süden Chiles verwüsteten, hörte für mich das Autofahren auf. Ein Jahr lang stapfte ich im Rahmen eines Resilienzprogramms von Stadt zu Stadt entlang der chilenischen Küste, die teilweise für Fahrzeuge unpassierbar war.
Ich schleppte einen Rucksack voller Materialien mit mir mit, um die Menschen zu trösten und zu motivieren. In jeder Region hielt ich Trauma-Workshops für Kinder und Erwachsene ab. Ein Freund, der Kinderpsychologe ist, führte tiefer gehende Interventionen durch. Ich ging von Dorf zu Dorf und sprach mit Krankenhauspersonal, Lehrern, Schulleitern, Polizisten, Geistlichen, Heimleitern, Bewohnern von Notunterkünften, Dorfbeamten und Provinzbehörden und ermutigte sie.
Damit begannen meine 14 Jahre, in denen ich zu Fuß, mit dem Bus oder was immer an Transportmitteln zur Verfügung stand, unterwegs war. Es war langsam und mühsam. Aber ich kam mit vielen Menschen in Kontakt, genoss Gottes Schöpfung auf dem Weg und wurde in viele Häuser zum Essen oder Übernachten eingeladen.
Zeitsprung zum heutigen Tag. Ich bin jetzt in den USA und mir wurde ein Auto zur Verfügung gestellt, damit ich meine ehrenamtliche Arbeit mit vernachlässigten, geretteten Kindern im Norden Mexikos effektiver machen kann. Mein Leben nahm an Geschwindigkeit und Intensität zu.
Eines Tages bemerkte ich, wie das Auto hinter mir die Geschwindigkeit drosselte, um ein anderes Auto von einem Parkplatz einfahren zu lassen. Eine Geste, die mich aufgeweckt hat: „Dieser Fahrer hat ein mitfühlendes Bewusstsein”. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass jemand darauf wartete, den Parkplatz zu verlassen. Ich war gänzlich mit mir selbst beschäftigt, während der Fahrer des Autos hinter mir sich bewusst in andere hineinversetzte.
Ich musste darüber nachdenken, wie ich, was mein Leben betrifft „gefahren” bin. Ich musste an Galater 5,22-23 denken: „Wenn dagegen der Heilige Geist unser Leben beherrscht, wird er ganz andere Frucht in uns wachsen lassen: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.”
Mir wurde bewusst, dass es eine Sache ist, diese Qualitäten in humanitärer Arbeit und Programmen zu zeigen – Aktivitäten, die mein Selbstbild stärken. Es aber eine viel größere Herausforderung ist, diese Qualitäten in den scheinbar unbedeutenden Ereignissen des täglichen Lebens zu zeigen, wie es dieser Mann mit seiner kleinen Geste der Rücksichtnahme gegenüber einem anderen Autofahrer getan hat.
Durch eine freundliche Geste zu einem mitfühlenden Bewusstsein erweckt, bete ich nun, dass andere dies in mir sehen und wir hoffentlich alle ein wenig langsamer werden, um unseren Mitmenschen zuvorkommend sein zu können.