Kürzlich kam ich zu einem wenig überraschenden Schluss: Ich bin nicht gut genug.

Mir ist natürlich bewusst, dass niemand in diesem Leben jemals „gut genug“ sein kann. Deshalb wäre es wohl präziser zu sagen, dass ich alles in allem sehr viel besser sein könnte als bisher. Eigentlich bin ich gar kein so schlechter Mensch, da ich in der Liebe und Ermahnung des Herrn erzogen worden bin und in unserem Haus sowohl Regeln als auch Liebe in einem angemessenen Maß ausgeteilt wurden. Dennoch ist es eine unausweichliche Tatsache, dass ich besser sein könnte.

Ich beschloss daraufhin, dass ich es besser machen wollte. Sollte. Würde.

Und so war mein guter Vorsatz zur Jahresmitte geboren. Ich nahm mir vor, einen Monat lang so perfekt wie möglich zu sein. Ich würde nicht wütend werden. Ich würde hilfreich sein. Ich würde ermutigend sein. Ich würde bei der Arbeit die Initiative ergreifen. Ich würde nicht unnötig widersprechen. Ich würde penibel hinter mir aufräumen. Und so weiter.

Am Anfang lief es wie am Schnürchen. Ich habe jeden Abend den Abwasch gemacht. Ich schluckte jedes wütende oder wenig hilfreiche Wort runter, das mir über die Lippen kommen wollte, auch wenn ich mich im Recht fühlte. Ich war jeden Tag zu jedem Termin pünktlich. Ich las Gottes Wort mehr als sonst. Man konnte mich oft beim Putzen und Aufräumen antreffen.

Fast zwei Wochen hielt ich durch. Dann, wie es so passiert, flaute der Enthusiasmus ab. Bis jetzt hatte ich mich gut geschlagen, es war hart, aber machbar. Alles, was es brauchte, war ein bisschen Disziplin. Ich hatte es unter Kontrolle. Natürlich verflüchtigte sich meine Disziplin nach dieser Selbsteinschätzung, und die Konzentration wich einer gelassenen Entspannung.

So begann ich, ein wenig von meiner rechtschaffenen Bahn abzuweichen. Ich sprach einmal im Zorn, dann zweimal. Ein paar Kleidungsstücke oder andere Gegenstände begannen, sich außerhalb der ihnen zugewiesenen Schränke und Schubladen niederzulassen. Eines Morgens erschien ich spät zur Arbeit. Am nächsten Abend stapelte ich das Geschirr in der Spüle und ließ es über Nacht stehen.

Zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, meinen guten Vorsatz bereits gebrochen zu haben. Was folgte, war also Kapitulation. Welchen Unterschied würde das noch machen?

Wie du siehst, war mein „perfekter“ Monat alles andere als perfekt.

Als der Monat schließlich zu Ende ging, wurde mir etwas bewusst, was ich vorher nicht bemerkt hatte. In den ersten beiden Wochen hatte ich das Gefühl, dass die Menschen fröhlich, hilfsbereit, dankbar und weniger nörgelig waren. In der dritten Woche fühlte ich einen deutlichen Rückgang all dieser Verbesserungen, und in der letzten Woche schien es mir, als ob alle anderen ihre frühere gute Einstellung wieder durch Ungeduld, mangelnde Hilfsbereitschaft und Nörgelei ersetzt hatten.

Wären die Menschen nur so hilfreich geblieben, dachte ich wehmütig, dann hätte ich es schaffen können.

Natürlich wurde mir bald klar, dass mein Abgleiten in meine alten schlechten Gewohnheiten nichts mit dem Verhalten anderer Menschen zu tun hatte. Vielmehr veränderte sich die Art und Weise, wie ich selbst die Menschen wahrnahm, als meine Disziplin ins Wanken geriet. Als meine Geduld mit anderen schwand, war ich schneller bereit, sie als „ungeduldig“ oder „abwertend“ abzustempeln. Da Liebe durch Liebe erzeugt wird und „Eisen durch Eisen geschärft“ 1, wirkte sich meine Einstellung und mein Verhalten nicht nur auf das Verhalten anderer mir gegenüber aus, sondern auch darauf, wie gut man mit mir arbeiten konnte und wie angenehm es war, in meiner Nähe zu sein.

Mein perfekter Monat war also ein Misserfolg, nicht wahr? Ja und Nein. Was den perfekten Monat betrifft, so habe ich es vermasselt, und zwar auf ganzer Linie. Aber durch mein Scheitern habe ich einige wichtige Lektionen gelernt, die mir für lange Zeit erhalten bleiben werden und die gut für meine Entwicklung sind. Sie werden mich – ich sage es mal so – besser machen.

Ich muss nicht perfekt sein, um es besser zu machen. Ich muss nicht einmal besser sein, um es besser zu machen. Ich muss nur willens sein und ein offenes Ohr für Gottes stille, kleine Stimme haben, sowie die Bereitschaft, zuzuhören und zu lernen.

Ich werde nie perfekt sein, aber ich kann es immer besser machen.

Das hat mich mein perfekter Monat gelehrt.


  1. Sprüche 27,17