Vor 30 Jahren hießen mein Mann Gabriel und ich unsere Tochter in dieser Welt willkommen. Zu dieser Zeit lebten wir auf einer wunderschönen tropischen Insel in der Karibik, unser Haus lag auf einem Berg mit Blick über ein grünes Tal. Gabriel hatte seinen Traumjob gefunden und arbeitete bei einem Radiosender. Das Tal selbst hatte zwar ein unangenehm warmes Klima, doch durch die höhere Lage unseres Hauses wehte dort immer ein kühler Wind, der die Hitze erträglich machte.
Ich selbst war dort leider die meiste Zeit unglücklich. Offensichtlich kann man sogar im Paradies einen giftigen Efeu finden, wenn man nur lange genug danach sucht. Der Gedanke an unser Leben in diesem tropischen Bergparadies hinterließ in mir noch lange einen sauren Nachgeschmack. Eine dunkle Wolke überschattete meine Erinnerungen.
Eines Tages trafen Gabriel und ich uns mit einem der Musiker, der damals an dem Radioprogramm mitgewirkt hatte. „Das waren die besten zwei Jahre meines Lebens!“ erzählte er. Als wir Geschichten und Erinnerungen austauschten, war ich überrascht, dass seine Erinnerungen gänzlich anders waren als meine. In diesem Moment hätte ich sehr gerne meine Erinnerungen gegen seine eingetauscht.
Die dunkle Wolke, die meine Erinnerungen überschattete, bestand aus unwichtigen Details und banalen Dingen, alle längst vergangen und ohne Bedeutung für mein jetziges Leben. Doch diese Wolke hatte einen Schatten über all die schönen Momente dieser Zeit geworfen. Am selben Tag nahm ich mir vor, meine kleinlichen Beschwerden zu vergessen und mich auf die unvergleichlichen Erfahrungen zu konzentrieren, die unser Inselabenteuer so einzigartig gemacht hatten.
Diese Begebenheit hat mich gelehrt, dass uns immer die Dinge am besten in Erinnerung bleiben, die wir am meisten wiederholen, ganz so wie damals in der Schule. Der Gedanke, dass ich solch eine bewusste Entscheidung treffen und meine negativen Gedanken einfach loslassen konnte, war mir bislang gar nicht gekommen. Ich muss ihnen keine Narrenfreiheit in meinem Kopf lassen.
Wenn ich alle meine Segnungen zusammenzähle und an all die guten Erfahrungen denke, die ich gesammelt habe, dann verlieren die unschönen Erinnerungen an Bedeutung. Letztendlich sind sie einfach Teil des Lebens.
Du magst dich fragen, was mich an dieser Zeit auf der Insel eigentlich so gestört hat. Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß es nicht mehr!