Ich liebe Fotografie. Als ich meine erste Kamera bekam – eine günstige Kompaktkamera – war ich begeistert von der neuen Welt der Möglichkeiten. Ich habe sie überallhin mitgenommen und viele Erinnerungen festgehalten, bis zu dem Tag, an dem sie auf einen Felsen am Hang fiel und mich danach für immer im Stich ließ.

Dann habe ich zu einer Bridge-Kamera mit mehr Optionen und einem viel größeren eingebauten Zoom aufgerüstet. Sie war jahrelang mein Stolz und meine Freude, aber letztendlich wuchsen auch meine Fertigkeiten. Ich wollte etwas, das das Foto aufnahm, sobald ich den Knopf drückte.

Schließlich bekam ich eine DSLR. 1Sie war von guter Qualität, schnell, und bot mir einen enormen Erfahrungswert. Genau das, was ich wollte. Keine verpassten Momente mehr. Dachte ich jedenfalls.

Als ich erfahrener wurde, war ich sehr erpicht darauf, perfekt fokussierte Fotos zu erhalten. Ich suchte immer nach Einstellungen, um immer scharfe Fotos zu bekommen. Ich würde die Einstellungen in der Hoffnung auf ein besseres Ergebnis fieberhaft ändern und oft die Augen von den Ereignissen abwenden, die sich vor mir abspielten. Ich war frustriert, selbst wenn ich das aufgenommen hatte, was ich wollte, aber das Ergebnis war alles andere als perfekt scharf.

Dann las ich eines Tages einen Artikel eines bedeutenden Fotografen. Er sagte etwas Tiefsinniges: „Bei der Fotografie geht es um Gefühle, nicht um technische Perfektion. Es geht darum, den Betrachtern die Emotionen, die man selbst in einer Szene empfunden hat, zu zeigen und nicht einfach die eigene Kunstfertigkeit, die Kamera zu beherrschen.“

Plötzlich wurde mir bewusst, dass es wirklich nicht um die Einstellungen, die Schärfe oder gar mein Können geht. Es geht darum, die Geschichte zu erzählen. Amateure wollen, dass ihre Bilder perfekt sind. Profis wollen, dass ihre Bilder ergreifend sind, dass sie Eindruck machen.

In unserem Leben streben wir danach, unsere Haare, Körper, Telefon, Auto, Job, Essen, Beziehungen (und die Liste geht noch weiter) in perfekte Form zu bringen. Dabei übersehen wir oft die Lebensfreude selbst. Wir sollten unsere Fähigkeiten einsetzen, um unser Leben und das anderer Menschen zu verbessern. Aber wir sollten uns nicht so sehr darauf konzentrieren, die Unvollkommenheiten des Lebens zu überwinden, dass wir die Situationen um uns herum nicht auskosten.

Das Leben ist eine gewaltige Collage aus unzähligen Momenten jeden Tag. Spielt es eine Rolle, ob jeder Moment perfekt ist? Spielt es eine Rolle, ob irgendein Moment perfekt ist? Nicht wirklich. Sie sind alle Teile des Gesamtbildes, und ohne sie wäre es nicht komplett. Also hetze dich nicht durch das Leben, indem du Momentaufnahmen aus dem Gedächtnis oder dem Blickfeld entfernst, weil es ihnen irgendwie an etwas „fehlt“!

Nehmen wir uns Zeit, um anzuhalten, wenn „wir keine Zeit haben“. Atmen wir tief durch, wenn wir gestresst sind! Lasst uns liebevoll leben, auch wenn wir schlecht behandelt werden! Lasst uns ein Leben erschaffen, das andere sich ansehen und von dem sie dann ermutigt werden! Wir können unsere Mitmenschen nicht immer beeindrucken, aber wir können einen Eindruck hinterlassen. Wir können ergreifend sein.


  1. Englisch für digital single-lens reflex. (Digitaler Spiegelreflex)