Es war nur eine Kleinigkeit, das Lächeln meines Babys, aber es hat meine Lebensperspektive geändert.

Als der Kleine aufwachte und mich ansah, erblickte er das Wichtigste in seinem Leben – mich! Es war ihm egal, dass meine Pyjamahose nicht zum Oberteil passte und meine Haare zerzaust waren. Er liebte mich einfach. Er liebte es, mit mir zusammen zu sein. Er verlangte keine Perfektion. Die Liebe machte alles perfekt. Dieser Moment, in dem ich ihn auf meinem Arm hielt und seine Zuneigung genoss, half mir dabei, etwas zu verstehen, das mir vor einiger Zeit in den Sinn gekommen war.

Fehlende Perfektion im Leben hatte mich schon immer überall anecken lassen. Wenn jemand etwas sagte oder tat, das mich ärgerte, legte ich in Gedanken immer meinen Standpunkt dar. Warum muss es so viele verschiedene Persönlichkeiten geben, die aneinandergeraten, warum muss es Gedankenlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, Ungerechtigkeit, Pessimismus und Brüskierung geben? Diese Attribute sind real, und sie sind falsch! Ich wünschte, sie würden nicht existieren. Wenn sich jeder, einschließlich mir selbst, am Riemen reißen würde, dann könnte mein Leben glückselige Perfektion sein. Perfektion, dachte ich, ist das Einzige, das gegen diese Ärgernisse helfen kann. Mir war jedoch auch klar, dass dies niemals der Fall sein würde. Wir befinden uns eben im realen Leben. Ich brauchte eine andere Alternative.

Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich eigentlich nur wollte, dass die Welt sich um mich drehte – um meine Wünsche, meine Gefühle, meine Vorlieben und Prioritäten. Etwas musste sich ändern. Und dieses Mal musste ich es sein, die sich ändert, und zwar unabhängig von den Fehlern anderer. Aber wie? Ich hatte es schon oft versucht.

Dann kam jener Morgen, als ich mein Baby im Arm hielt. Da kam mir ein leiser Gedanke in den Sinn. Wäre es dir lieber, wenn dein Baby von Anfang an perfekt gewesen wäre?

Nachdem ich darüber nachgedacht hatte, war mir klar, nichts weniger auf der Welt zu wollen als das. Wenn der Kleine schon am Tag seiner Geburt hätte laufen und rennen können, hätte ich nie den begeisterten und stolzen Blick auf seinem Gesicht sehen können, als er mutig seine ersten Schritte unternahm. Auch hätte ich das ganz besondere Gefühl verpasst, ihn auf dem Arm zu halten, und zu wissen, wie sehr er mich wirklich braucht. Wenn er schon von Geburt an hätte sprechen können, hätte ich niemals die enorme Freude empfinden können, ihn sein erstes Wort sprechen zu hören. Wenn er alles wissen würde, was ein Erwachsener weiß, hätte ich niemals sein Erstaunen sehen können, wenn er etwas Neues entdeckte. Dann hätte ich niemals die Erfüllung erlebt, ihm etwas Neues beibringen zu können. So vieles würde ich verpassen. Nein, gerade weil er nicht perfekt ist, ist er für mich perfekt. Ich will ihn gar nicht anders haben!

Was ist es dann, fragte ich mich, was seine Unvollkommenheit von den Mängeln anderer Menschen um mich herum unterscheidet?

Die Antwort war Liebe.

Das ist es! Genau das ist es, was ich vermisste. Das ist es, wovon ich mehr brauchte, um tapfer und frohgemut mit Problemen fertig zu werden, von denen ich mir wünschte, sie würden nicht existieren.

Mir wurde klar, wie viel ich vom Leben verpassen würde, wenn jeder von Anfang an perfekt wäre. Ich würde die Unberechenbarkeit des Lebens verpassen, die immer für Überraschungen sorgt; die Freude des Vergebens und Vergebung zu erleben; die starke, beständige Bindung von Freundschaft, die durch Probleme gefestigt wird, und die positiven Charaktereigenschaften, die sich auf dieselbe Art und Weise heranbilden.

Negative Gedanken in einer negativen Situation zu hegen, führt niemals zu positiven Ergebnissen. An dieser Stelle nahm ich mir vor, nach positiven Möglichkeiten Ausschau zu halten und positive Erfahrungen zu machen, die sich meist hinter der Maske von Unzulänglichkeiten verbergen.

Als mein Baby später an diesem Tag nicht schlafen konnte, entschied ich mich dazu, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen, indem ich meine gelernte Lektion in die Tat umsetzte. Ich schob alles beiseite, was ich für das Beste für ihn und mich hielt. Dann nahmen mein Ehemann und ich uns die Zeit, um mit dem Kleinen zu singen und zu lachen. Es war ein vollkommen glücklicher Moment, den wir allesamt verpasst hätten, wenn an diesem Tag alles reibungslos und „perfekt“ geklappt hätte.

Jede Situation und jede Person, die uns begegnet, kann unserem Leben Freude und Überraschungen bringen, wenn wir hinter die Kulissen schauen. Schwierigkeiten, Verluste, Leiden und Mangel – wir können diese Dinge als einen Hinweis auf eine Schatzsuche sehen, als Tür zu einer geheimen Höhle, wo du wunderbare Schätze Gottes finden wirst. „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ [0. Matthäus 7:7 – LUT 1984]