Das erste Mal traf ich Ivan im Jahr 1995 in Italien. Damals sammelte ich Sachspenden für Flüchtlingslager in Kroatien und Bosnien. Ich kann mich noch gut an sein Lächeln und seine herzliche Begrüßung erinnern.

Nur ein paar Jahre später sahen wir ihn wieder. Er rief an, um uns einige Kartons gesammelter Kleidung anzubieten. Wir fuhren zu seinem Haus, wo wir auch seine Frau Francesca und seine beiden Kinder trafen und von diesem Tag an blieben wir in Verbindung und lernten mit der Zeit viel voneinander.

Ivan und Francesca sprachen oft darüber, wie frustrierend sie es fanden, sich immer wieder auf eine Gesellschaft einstellen zu müssen, die mehr und mehr ihre Werte verlor. Sie wünschten sich, sie könnten ein anderes Leben führen. Doch sie konnten sich nicht vorstellen, wie es aussehen sollte. Doch dann, bei einem meiner jüngsten Besuche, war mir sofort klar, es hatte sich etwas verändert. In ihrem Wohnzimmer standen zusätzliche Tische, an welchen schon bald eine ganze Schar von lebhaften Kindern aus der Nachbarschaft Platz nahm. Ivan trug Essen und Trinken auf und stellte mir Claudio und Manuela vor, ein Ehepaar, das nicht nur in derselben kleinen Stadt wohnte, sondern auch die gleichen Ansichten wie Ivan und Francesca teilten.

Im Laufe der Zeit lernte ich noch weitere Familien kennen, die dem Netzwerk Gruppi di Acquisto Solidale (Ethische Konsumentengruppe) angehörten, das sich zum Ziel setzte, Nahrungsmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs direkt vom Erzeuger oder Einzelhändler zu günstigeren Preisen zu kaufen. Dabei legen sie besonders auf regionale und Fair-Trade-Produkte sowie auf wiederverwendbare und umweltverträgliche Waren Wert. Ivan und Francesca sowie ihre Kinder (inzwischen sind es drei) sind Mitbegründer der ortsansässigen Gruppe, und natürlich fanden sie auch immer einen Weg, um ihren Nachbarn von „nah und fern“ etwas Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken.

Vor ein paar Monaten luden sie einige arme Familien zu einem Mittagessen ein. Wir fuhren die Gruppe zu ihrem Haus. Ivan und Francesca gaben ihr Äußerstes, damit sich alle 16 Personen wie zu Hause fühlen. Sie tischten uns die köstlichsten hausgemachten Speisen auf und schenkten nach dem Essen jedem von uns eine kleine Flasche Olivenöl, das von ihrer Familie aus den Oliven in ihrem eigenen Garten gepresst worden war (siehe Foto).

Mittlerweile ist klar, das Experiment von einst hat sich im Laufe der Zeit zu einer bewährten Alternative in ihrem Leben entwickelt.