Meine erste Begegnung mit Nadia war vor sieben Jahren, als ein Freund sie nachts um 10 Uhr zu uns nach Hause brachte. Ihre Haut war bleich, ihre Augen lagen tief, ihr Blick war leer, ihr Haar, offensichtlich vormals sorgfältig gepflegt, war nun trocken und strähnig, und ihre Kleidung, ihr Gesichtsausdruck und ihre Körpersprache verrieten uns, noch bevor sie ein Wort sagte, dass sie alle Hoffnung verloren hatte.
Noch vor einem Jahr, so erfuhr ich, beneideten Nadia viele Frauen in ihrer Nachbarschaft; hübsch, mit hohem sozialen Ansehen, als eine Frau von 30 Jahren, die „perfekte“ Mutter zweier Töchter, lebte sie in einem großen attraktiven Haus und gab jede Menge Partys für ihre Freunde. Doch das lag alles weit hinter ihr, als sie in unserem Wohnzimmer saß und die Hand ihrer Freundin fest umschlossen hielt. Nach einer vollkommenen Kehrtwende in ihrem Leben, von ihrem Mann geschieden, stand ihr gemeinsames Geschäft vor dem Konkurs. Die Hypothekenzahlungen für ihr Familienhaus konnten seit Monaten nicht mehr bezahlt werden, und es drohte die Zwangsversteigerung.
Nadias Mann versuchte sogar, sie für geisteskrank erklären zu lassen, um die alleinige Kontrolle über ihr Vermögen und ihr Geschäft an sich zu reißen. Der Zerfall ihrer Ehe gab ihr das Gefühl, als zerfiele ihre Welt in Stücke, und sogar ihr körperlicher Gesundheitszustand erlebte einen Sturzflug und gipfelte vor Kurzen in einem Herzinfarkt. Um es noch schlimmer zu machen, waren plötzlich ihre Freunde zu beschäftigt und schwer zu erreichen.
Von ihrer konservativen Erziehung her hatte Nadia in Glaubensdingen eher nur vage Vorstellungen von einem Gott, der „irgendwo weit weg da oben wohnt“, wie sie sagte. Jedoch wird ihr jetzt klar, nicht in der Lage zu sein, die momentane Lebenskrise zu überwinden, wenn sie Ihn nicht zu einem realeren und bedeutenderen Teil ihres Lebens machte. Unser erstes gemeinsames Gebet ermutigte sie ein wenig, und am Ende unserer Unterhaltung, verpflichtete sie sich, an einem regelmäßigen Bibelstudium teilzunehmen.
Durch das in den folgenden Monaten erworbene Grundwissen in Glauben und Gebet konnte sie selbst die Antworten auf ihre eigenen Zweifel, trüben Gedanken und verzweifelten Sehnsüchte finden. Es ging nur langsam vorwärts, und an manchen Tagen langsamer als an anderen. Es folgten Jahre voller Höhen und Tiefen, doch Nadia gab die Hoffnung niemals auf und arbeitete beständig an ihrer inneren Heilung und in Richtung einer besseren Zukunft.
Mit der Zeit gewann Nadia ihren Willen zum Leben zurück. Sie wollte wieder arbeiten, für ihre Familie sorgen und ihren Töchtern ein gutes Beispiel geben. Während manche in ihrem Bekanntenkreis das, was ihr widerfahren war, als Tragödie bezeichneten, sah sie selbst darin ein Beispiel dafür, wie Gott alle Dinge in unserem Leben zum Guten wenden kann. 1 Sie wusste, ohne diese tiefe Krise der Seele und den Zerfall ihres früheren Lebens hätte sie weder ein wahres Verständnis der persönlichen Liebe Gottes erlangt, noch hätte sie die wahre Bedeutung ihres Lebens erkannt. Sie ordnete die Prioritäten in ihrem Leben neu: Jetzt stand Jesus an erster Stelle.
Nadias finanziellen und häuslichen Probleme sind noch ungelöst, der jetzt siebenjährige Rechtsstreit um ihr Haus ist noch immer nicht beigelegt, und sie hält sich mithilfe einer kleinen Rente über Wasser, die sie durch gelegentliche Teilzeitarbeit aufbessert. Obwohl ihre eigenen Finanzen knapp sind, arbeitet sie oft ehrenamtlich bei den Projekten unserer Vereinigung mit und nimmt sogar an unserem Clown-Therapie-Programm teil.
Aber noch wichtiger ist, dass Nadia jetzt besser gerüstet ist, sich den Problemen zu stellen, welche auch immer das Leben ihr bringen mag. Sie hat ihre Verlustängste verloren, denn sie weiß, derjenige, der sie durch ihre größte Krise hindurch trug, wird sie niemals verlassen. Wie ein Vögelchen, das sich fest in Gottes Hände geschmiegt hat, schaut sie herunter auf die Probleme des Lebens. Von dort wirken sie nicht so welterschütternd wie zuvor. Wie einst König David sagt sie mit einem Lächeln: „Warum bin ich so mutlos? Warum so traurig? Auf Gott will ich hoffen, denn eines Tages werde ich ihn wieder loben, meinen Retter und meinen Gott!“ 2