Ich habe immer gedacht, Prinz Jonathan, der Sohn des ersten gesalbten Königs Israels, sei ein hervorragendes Beispiel für Ehre und Integrität in der Bibel. Denkt mal nach: es wurde logischerweise erwartet, er würde seinen Vater, König Saul, als König ablösen – doch stattdessen salbte der Prophet Samuel den Jungen David.

Ich an Jonathans Stelle wäre jetzt wahrscheinlich auf eine von zwei Arten betroffen. Entweder wäre ich von Neid verzehrt worden, weil ich das Gefühl hatte, ungerecht behandelt worden zu sein. Oder ich hätte mich von da an nicht mehr um die Angelegenheiten des Königreichs gekümmert.

Die Wahrheit ist, dass ich tatsächlich beide derartige Reaktionen auf Ereignisse hatte, die weit weniger Auswirkungen hatten, als meinen Platz in der Thronfolge zu verlieren. Es ist leicht, das, was ich als „meine Moral“ bezeichnen würde, aus den Augen zu verlieren, wenn ich das Gefühl habe, ungerecht behandelt zu werden.

Doch was machte Jonathan? Solange er ein Prinz blieb, war er der beste Prinz, der er sein konnte, bis zum Ende, als er in einer verlorenen Schlacht starb. 1 Während er seine Rolle als Prinz einnahm, ehrte und beschützte er auch den zukünftigen König David bei zahlreichen Gelegenheiten.

Jonathan war mutig im Dienste seines Landes. Er hatte den Mut, sich mit Hilfe seines Waffenträgers gegen Tausende von Philistern zu stellen. 2 Er schien auch um das Wohl Israels besorgt gewesen zu sein und spielte eine aktive Rolle in den Verwaltungsgeschäften seines Vaters. Jonathan sagte einmal zu David: „Er erzählt mir immer alles, was er vorhat, Wichtiges und Unwichtiges.“ 3

Ich glaube nicht, dass Jonathan die Herrschaft über Israel als eine selbstsüchtige Chance sah. Es schien ihn nicht zu kümmern, wer König war, solange das Land auf Gottes Wege geführt wurde. Er setzte seine ganzen Bemühungen auf David, den Gesalbten Gottes, nur, weil er der Gesalbte Gottes war. Das erfordert Redlichkeit – die Art von tiefsitzender Redlichkeit, die aus dem völligen Vertrauen in Gottes Vorsehung erwächst.

Sein Vater Saul hingegen zeigte bei vielen Gelegenheiten einen Mangel an Redlichkeit. Er ging wiederholt gegen sein eigenes Wort, missachtete Gottes Propheten und war mehr daran interessiert, seine Herrschaft zu bewahren, als dass er einen guten Job als König machte. Sauls Angst, sein Königreich zu verlieren, veranlasste ihn, viele falsche Entscheidungen zu treffen, die ihm schließlich das Königreich und sein Leben kosteten.

Jetzt reden wir über mich. Vor ein paar Jahren hatte ich einige große Probleme an meinem Arbeitsplatz. Es spitzte sich für mich zu, als jemand, von dem ich fühlte, dass er weniger für die Firma tat als ich, die Beförderung bekam, für die ich eigentlich an der Reihe war. Ich hatte mich mit aller Kraft für das Unternehmen eingesetzt und war ehrlich gesagt der Meinung, die Beförderung verdient zu haben. Ich versuchte, freundlich zu bleiben, aber war frustriert ohne Ende. Mein „Teamgeist“ hatte einen gewaltigen Dämpfer erfahren.

Ich hasse es, wenn ich merke, dass etwas ungerecht ist! Manchmal führt es dazu, zu denken, dass die ungerechten Einstellungen oder Handlungen eines anderen meine eigenen schlechten Reaktionen rechtfertigen. Oder schlimmer noch, ich denke, dass ihr Verhalten mich zu einer schlechten Einstellung berechtigt.

Da schmorte ich doch etwa eine Woche lang in Selbstmitleid, bevor ich endlich über meine Situation betete. Rate mal, wen Gott mir in Erinnerung rief? Ja, Jonathan. Gott erinnerte mich an Jonathans Liebe zu David und daran, dass er Gottes Entscheidung nicht in Frage stellte. Jonathan wäre wahrscheinlich ein guter König für Israel gewesen, aber Gott wählte David, und Jonathan vertraute Gottes Wahl.

Die Art von Person zu sein, die ihr Bestes in ihrem von Gott gewählten Amt einsetzen kann, auch wenn es kein Prestige oder „Vergünstigungen“ bietet, erfordert Anständigkeit und Ehre. Um die Rolle erkennen zu können, die Gott für dich hat, und sie zu spielen, ohne über deine Schulter schauen zu müssen, um zu sehen, ob jemand anderes eine bessere Rolle spielen würde oder eine ebenso gute Arbeit vollbringt wie du, erfordert eine sehr starke Persönlichkeit. Wie meine kleine Geschichte zeigt, erfüllte ich diesen Anspruch nicht ganz.

Ich musste mich etwas anstrengen, um meine Handlungen mit meinen Überzeugungen in Einklang zu bringen. Das ist meine persönliche Definition von Redlichkeit und eine Frage, die ich mir stellen kann, wenn es darum geht, ob ich die richtige Wahl treffe: „Steht mein Handeln im Einklang mit meinem Glauben?“ Nur wenn ich mit einem klaren „Ja“ antworten kann, kann ich sicher sein, dass meine Rechtschaffenheit nicht in Frage gestellt wird.

Das Happy End ist, dass ich meine Taten und meine Einstellung in Einklang mit meinen Überzeugungen gebracht habe. Ich lernte, wie wichtig es ist, meine Rolle einzunehmen und zu spielen, und meine Vorgesetzten begannen sehr schnell, es wahrzunehmen.


  1. Siehe 1. Samuel 31,6.
  2. Siehe 1. Samuel 14,1-16.
  3. 1. Samuel 20,2