Wir sind uns doch alle einig, dass es keinen Ort auf dieser Welt gibt, der von Not und Leid unberührt bleibt. Wir wollen glauben, dass Gott gut und liebevoll ist, alles sieht und die ganze Welt in seinen Händen hält. Wenn jedoch Schlimmes geschieht, werden diese Vorstellungen stark in Frage gestellt.
Als ich wieder einmal mit Nachrichten über eine schwierige Situation konfrontiert wurde, musste ich an die Zeit zurückdenken, als ich mit Anfang zwanzig mehrere Jahre auf den Philippinen lebte. Als ich aus dem Westen Kanadas zum ersten Mal in Manila ankam, waren die Unterschiede in fast jeder Hinsicht frappierend – die Hitze und die Luftfeuchtigkeit, die Menschenmassen, der unaufhörliche Verkehr und Lärm, die neuen Gerüche… Aber am meisten schockierte mich, dass ich zum ersten Mal wirkliche Armut sah. So viele Menschen, denen ich begegnete, lebten in unterschiedlichem Maße in Armut.
Als junger Missionar, der lernen musste, auf viele gewohnte Annehmlichkeiten zu verzichten, war ich zunächst versucht, mich zu beklagen, aber das fröhliche Beispiel der Einheimischen ermutigte mich, es nicht zu tun. Jahrhundertelang litt das philippinische Volk unter Kriegen und Unterdrückung durch ausländische Interventionen oder korrupte einheimische Beamte. Sie litten seit Generationen unter der Last von Armut und gebrochenen Versprechen, aber ihre Einstellung zum Leben zeigte eine Entschlossenheit und Tiefe, die ich damals nicht kannte.
Später lebten und arbeiteten meine Frau und ich in mehreren anderen asiatischen Ländern, darunter auch im wohlhabenden Japan. Bei der Verkündigung des Evangelium lernten wir Arme und Reiche kennen, und trafen auf allen Ebenen der Gesellschaft Menschen, die sich durch außergewöhnliche Selbstlosigkeit und Freude auszeichneten. Wir verstanden dann besser, dass der gemeinsame Nenner nicht die wirtschaftliche Armut war, sondern das Leiden. Jeder hatten seine eigene Geschichte von Verlusten, die in ihnen Gnade und Großzügigkeit gegenüber anderen geweckt hatte.
Diese Welt ist voller Illusionen. Erfolge und Reichtum werden unaufhörlich angestrebt, während Misserfolge vermieden und verachtet werden. Aber das Leben in Gottes Welt ist ganz anders. Scheitern und Leiden gehören zu den Mitteln, durch die Gott uns hilft, die wahre Perspektive zu finden.
Jesus spricht immer noch diese Worte der Verheißung: „Glücklich sind die, die erkennen, dass sie Gott brauchen, denn ihnen wird das Himmelreich geschenkt. Glücklich sind die, die traurig sind, denn sie werden getröstet werden. Glücklich sind die Freundlichen und Bescheidenen, denn ihnen wird die ganze Erde gehören. Glücklich sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden sie im Überfluss erhalten. Glücklich sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. Glücklich sind die, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott sehen. Glücklich sind die, die sich um Frieden bemühen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.”1
- Matthäus 5,3-8 ↑