Nach einem anstrengenden Arbeitstag beeilte ich mich, bei Sonnenuntergang zu meiner Bushaltestelle zu kommen. Da um diese Uhrzeit nicht mehr viele Busse fuhren, wollte ich den nächsten unbedingt erwischen.

Unterwegs fiel mir ein Jugendlicher auf, der vor einem Supermarkt herumstand. Er trug eine modische Oakley Sonnenbrille und einen vornehmen schwarzen Anzug, über den Ohren hatte er ein Muster in seine kurz geschorenen Haare rasiert. Seine Aufmachung und Körpersprache erinnerten mich an einen Personenschützer.

Ich musste über den Anblick schmunzeln und erinnerte mich gleichzeitig an ein Ereignis aus meiner eigenen Jugend. Meine Kumpel und ich lungerten auf der Straße herum, als ein Freund auf seinem neuen Motorroller heranbrauste, scharf abbremste und vor uns zu stehen kam. Damals bewunderte ich seine Lässigkeit. Er war unser Trendsetter, wir kopierten seinen Gang, seine Sprechweise, seine Kleidung und auch sein gegeltes Haar.

„Willst du mal damit fahren?“, fragte er mich und gab mir das Gefühl, zu seinesgleichen zu gehören. Er hielt mir den Roller hin und ich weiß noch genau, was ich damals dachte. Ich war noch nie ein motorisiertes Zweirad gefahren, was mir in diesem Moment jedoch egal war. Ich freute mich auf das großartige Gefühl, mit der Maschine in den Sonnenuntergang zu fahren, auf der Großleinwand würde der Abspann zum Film meines Lebens laufen, begleitet von coolen Beats und virtuosen Gitarrengriffen. Mit quietschenden Reifen würde ich vor meinen Freunden zu stehen kommen und mich in ihrer Bewunderung sonnen.

Natürlich kam es ganz anders. Sobald der Motor angesprungen war und ich Gas gab, machte der Roller einen riesigen Satz nach vorne auf die andere Straßenseite und rammte ein parkendes Auto. Meine Freunde waren geschockt und erschüttert, ihre Bewunderung hielt sich indes in Grenzen. Während sich zu meinen Füßen eine Ölpfütze bildete, wurde ich mit voller Wucht zurück auf den Boden der Tatsachen geschleudert.

Zuhause verkroch ich mich sofort vollständig bekleidet in mein Bett und verschlief den ganzen nächsten Tag. Nichts konnte mich aufheitern.

Nach dieser ersten großen Demütigung verging ein ganzes Jahrzehnt, bevor es mich ein zweites Mal erwischte. Eines furchtbaren Morgens…

Mann, sind die Kinder heute laut! dachte ich, die Augen auf die Serpentinen einer Bergstraße gerichtet. Das Lachen auf dem Rücksitz wurde lauter und zerrte an meinen Nerven. Ich sollte wirklich etwas sagen! Dann schrie eines der Kinder: „Ich schmeiße es aus dem Fenster!“

Automatisch drehte ich mich um und Sekunden später hörte ich das Knirschen von Metall und Plastik. Ich war auf die Gegenfahrbahn abgekommen und in das entgegenkommende Auto gekracht.

Autounfälle sind eine seltsame Angelegenheit. Weder erklingt unheimliche Musik, noch blitzen grelle Lichter oder steigt dunkler Rauch auf. Man hört nur den Aufprall.

Auf der Polizeistation saß ich vor einem jungen Polizisten, der den Unfallhergang aufnahm und nach jedem Satz meine verbale Bestätigung einforderte. Der Fahrer des anderen Wagens saß die ganze Zeit neben mir und nickte.

Eine Polizistin machte ein Foto von mir, um festzuhalten, dass ich tatsächlich der Fahrer des Unfallwagens war. Ich hatte keine Zeit, um meine Kleidung zu richten oder meinen verzagten Gesichtsausdruck abzulegen. Nicht gerade mein bester Moment!

Die Vollkaskoversicherung meines Wagens war das einzige, was mich vor einer Panikattacke auf der Polizeiwache bewahrte. Doch als ich später mit der Versicherung telefonierte, stellte sich heraus, dass ich einen Eigenanteil von 600 Dollar bezahlen musste. Zu allem Übel steckten wir auch noch mitten in einem Umzug, was die Sache nicht besser machte. Ich hatte mich noch nie so schlecht gefühlt.

Abends im Bett übermannte mich das altbekannte unwohle Gefühl in der Magengrube. Ich versteckte mich unter meiner Bettdecke vor der Welt und wollte nur noch schlafen. Und trotzdem unterschied sich dieser Unfall entschieden von dem Erlebnis meiner Jugend, denn dieses Mal hatte ich eine verständnisvolle Frau an meiner Seite und einen Freund, der mich noch nie im Stich gelassen hat.

„Soll ich für dich beten?“, flüsterte meine Frau. Ich nickte.

Das Gebet erfüllte mich mit Erleichterung und Ruhe und schon bald beruhigte sich auch mein Magen.

Ich musste an König David aus der Bibel denken, der einige sehr ernste Zusammenstöße in seinem öffentlichen und privaten Leben hatte. Seine skandalöse Brautentführung war sicher demütigend. 1. Seine geliebten, aber außer Kontrolle geratenen Söhne Absalom und Adonija müssen ihm ein schlechtes Gewissen und schlaflose Nächte bereitet haben. 2 David, als Gott die ganze Nation aufgrund seiner Sünden richtete, hat sicherlich unvorstellbar viel Kritik und Schuldvorwürfe einstecken müssen. 3

Doch genau dieses Scheitern – nicht sein Triumph über den Riesen oder der Sieg über die Philister – lehrte David die demütigende aber befreiende Wahrheit: Ohne Gott sind wir nichts.

Einmal bekannte er dankbar: „Der Herr hört sein Volk, wenn es ihn um Hilfe anfleht, und rettet es aus aller Not.“ 4

Der folgende Spruch hat mir immer geholfen, wenn ich gestolpert bin. „Wir sollten uns jederzeit unserer Hilflosigkeit bewusst sein, denn das hält den Geist des Stolzes fern, welcher uns dazu verführt, andere zu kritisieren und zu verdammen.“

Jesus hat dich so gemacht, wie du bist, Fehler und alles, und Er liebt dich trotzdem!!

Den Apostel Paulus ermutigte Jesus einmal mit den Worten: „Meine Gnade ist alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche.“ 5

Lass dich also von einem Moment des Scheiterns nicht verrückt machen. Du hast einen Freund, der immer an deiner Seite ist, Er hält die Sirenen der Entmutigung und Verzweiflung von dir fern und wird dich in den Hafen Seiner Ermutigung, Akzeptanz und Vergebung leiten.

  1. Siehe 2. Samuel 11.
  2. Siehe 2. Samuel 15;1. Könige 1.
  3. Siehe 2. Samuel 24.
  4. Psalm 34,18
  5. 2. Korinther 12,9